Bärbel
Bohley wurde am 24. Mai 1945 in Berlin geboren.
Ihre
Mutter war Hausfrau, der Vater Konstrukteur. Seine Geschichten aus dem
2. Weltkrieg gaben ihr den Impuls, sich mit den Fragen von Krieg und
Frieden auseinanderzusetzen und trugen wesentlich zu ihrer späteren
pazifistischen Haltung bei. In Berlin besuchte sie die Grundschule und
erhielt ihre ersten politischen Lektionen in der geteilten Stadt. Der
17.Juni und seine Folgen in der Familie - der Vater wurde arbeitslos,
weil er als Neulehrer nicht der SED beitreten wollte -, ebenso der
Ungarnaufstand 1956, der Freunde der Familie zwang in den Westen zu
flüchten, wie überhaupt die ständige Flucht von Bekannten,
Schulfreundinnen und Lehrern waren prägende Erlebnisse.
Nach dem Abitur
1963 absolviert Bärbel Bohley eine Ausbildung als Industriekauffrau und arbeitet als Einkäuferin bei VEB Starkstromanllagenbau, später im VEB Robotron in der
Berufsausbildung.
Ab 1969 studiert sie an der
Kunsthochschule Berlin-Weißensee Malerei/Grafik, dort erhält sie 1974
einen Diplomabschluss. 1970 wird ihr Sohn Anselm geboren. Ab
1974 lebt Bärbel Bohley als freischaffende Künstlerin in Berlin. Sie
beteiligt sich an Ausstellungen und hat Einzelausstellungen u.a. in
Magdeburg, Berlin, Leipzig. 1980 erhält sie den Förderpreis des
Staatlichen Kunsthandels der DDR.
Seit 1979 ist sie Mitglied der Sektionsleitung Malerei des Verbandes Bildender Künstler
Berlin (VBK). Nachdem sie 1982 die unabhängige Initiativgruppe
Frauen für den Frieden initiiert hat, wird sie ein Jahr später aus der
Sektionsleitung ausgeschlossen.
Ab Mitte der 1980er Jahre setzt
sich Bärbel Bohley verstärkt für die Durchsetzung grundlegender Rechte
wie Meinungs-, Reise- und Versammlungsfreiheit ein und gründet die
Initiative Frieden und Menschenrechte mit.
1983 wird sie wegen angeblicher "landesverräterischer Nachrichtenübermittlung" verhaftet und
aufgrund internationaler Solidarität nach sechs Wochen aus der Haft
entlassen. Seitdem erhält sie keine staatlichen Aufträge mehr, darf ihre
Werke nicht mehr öffentlich ausstellen. Es besteht ein Reiseverbot.
1988 wird sie im Zusammenhang
mit den Ereignissen um die Demonstration zum Jahrestag der Ermordung
von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht von der Staatssicherheit
verhaftet und direkt aus dem Gefängnis Hohenschönhausen zu einem
Zwangsaufenthalt über die Bundesrepublik nach England abgeschoben. Nach
sechs Monaten erzwingt sie sich ihre Rückkehr in die DDR.
1989 ist
Bärbel Bohley Mitverfasserin des
Gründungsaufrufes "Die Zeit ist reif" der Bürgerbewegung Neues Forum, den innerhalb weniger
Wochen von mehr als 250 000 Menschen unterschrieben haben. 1990 wird sie
als Abgeordnete des Neuen Forum in die Ostberliner
Stadtverordnetenversammlung gewählt.
1990 besetzt Bärbel Bohley,
zusammen mit anderen Aktivisten, unter dem Motto "Die Akten gehören
uns!" die Stasi-Zentrale in der Berliner Normannenstrasse. Diese
Aktion führt letztendlich zur gesetzlich geregelten Einsicht in die
Stasi-Unterlagen.
1992, nachdem Bärbel Bohley
ihre Stasi-Akte eingesehen hat, beschuldigt sie den PDS-Fraktionschef im
Bundestag, Gregor Gysi, der inoffiziellen Mitarbeit im MfS. Gysi
war während ihrer Haft 1988 einer ihrer Rechtsanwälte. Durch eine
Unterlassungsklage Gysis muss Bärbel Bohley im Falle einer Wiederholung
der Behauptung bis zu 500 000 DM zahlen.
1994 tritt Bärbel Bohley als
Spitzenkandidatin für das Neue Forum zur Europawahl an.
1995-1996 finden in
der Wohnung von Bärbel Bohley die sg. Montagsrunden statt, an den
Intellektuelle aus West und Ost teilnahmen: Henryk M. Broder, Freimut
Duve, Horst Sagert u.a. Diskutiert wurde vor allem, wie eine
demokratische Entwicklung Ostdeutschlands unterstützt werden sollte, und
wie zu verhindern ist, dass die sich neu formierenden alten DDR-Kader wieder das
Leben anderer bestimmen.
1996 beteiligt sich Bärbel
Bohley an der Gründung des Vereins "Bürgerbuero e.V." in Berlin,
dem sich unter anderem die Politiker Helmut Kohl, Rudolf
Scharping, der Vorsitzende des Zentralrates der Juden in
Deutschland, Ignatz Bubis (1927–1999), und der Schriftsteller
Wolf Biermann anschlossen. Der Verein will denjenigen helfen, „die
durch Willkürakte der DDR fortdauernd geschädigt sind“.
Seit 1996 lebt und arbeitet sie vorwiegend im ehemaligen Jugoslawien.
Von 1996 bis 1999 arbeitet sie im OHR (Office of The High Representative), der nach dem
Dayton-Friedensabkommen von 1995 als obersten Souverän eingesetzte
Internationalen Friedensbehörde für Bosnien-Herzegowina in Sarajevo. Sie
organisiert ein Wiederaufbauprogramm für im Bosnienkrieg zerstörte
Häuser "Die Dächer sind das Wichtigste" und den Zusammenschluss aller regionalen Flüchtlingsorganisationen in der "Koalition für Rückkehr".
Im Rahmen des Hilfsprojekts
Seestern e.V. ermöglicht sie Kindern aus Flüchtlingsfamilien des
ehemaligen Jugoslawiens kostenlose gemeinsame Sommerferien.
Im Jahr 2002 unterstützt sie
die FDP im Wahlkampf zur Bundestagswahl, um eine rot-rote-Koalition zu
verhindern, denn eine Anhängerin der FDP ist Bohley wegen Möllemann
nicht. Rechnerisch hätte das Wahlergebnis das auch möglich gemacht. Aber
die SPD entschied sich anders.
2006
organisiert Bärbel Bohley das Projekt "Zisternen"
für die Versorgung Bedürftiger in Bosnien mit Trinkwasser als
Voraussetzung zur Rückkehr aus den Flüchtlingslagern und für die
Normalisierung des Lebens.
Preise
Für ihre Verdienste um die friedliche
Revolution in der DDR und die deutsche Wiedervereinigung wurde Bärbel Bohley mit dem
Bundesverdienstkreuz (1994) und dem
Nationalpreis (2000) ausgezeichnet.
_______________
2008 Krebserkrankung und Rückkehr aus Kroatien nach Berlin.
2009 schreibt Bärbel Bohley zum 20. Jahrestag der Gründung des Neuen Forums den Beitrag Eine Bewegung erweist sich als erfolgreich, wenn sie zerfällt. Beginn der Projektarbeit Chronologische Recherche- und Quellensammlung - 1988 für eine Publikation über ihren 6-monatigen Zwangsaufenthalt im Westen und die geglückte Wiedereinreise in die DDR.
2010 stirbt Bärbel Bohley am 11. September in Gehren/Uckermark.