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Bericht über den Kinderaufenthalt 2005

Auch im Sommer 2005 führte der Verein e.V. Seestern wieder sein Ferienprojekt für Kriegskinder aus dem ehemaligen Jugoslawien durch. In der Zeit vom 12. Juni. bis 09. August 2005 verbrachten insgesamt 54 Kinder und Jugendliche einen Ferienaufenthalt im Rahmen unseres Projektes in Celina.

Die Kinder und Jugendlichen waren in 6 Gruppen aufgeteilt und kamen in diesem Jahr aus Kroatien. Der Aufenthalt jeder Gruppe dauerte 9 Tage. Die Kinder waren kroatische Bosnier, deren Familien während des Krieges aus Zentralbosnien vertrieben worden sind und sich in der Nähe von Knien unter sehr schweren Bedingungen neu angesiedelt haben. Erst seit kurzer Zeit sind die Flüchtlingslager in Kroatien aufgelöst worden. Bis dahin waren sie Bewohner eines der Flüchtlingslager oder lebten in einem Drittland.

Die Kinder sind mit Hilfe der kroatischen Franziskaner ausgesucht worden. Die kroatischen Franziskaner unterscheiden sich allerdings sehr von den bosnischen. Während diese stark multiethnisch orientiert sind, sind die kroatischen dogmatisch und engherzig. So hatten wir immer wieder Probleme, nicht nur Kinder von guten Kirchgängern genannt zu bekommen, sondern aus tatsächlich bedürftigen Familien. Durch die Mithilfe eines kroatischen Sozialarbeiters ist uns dies aber trotzdem gelungen.

Bei der Durchführung des Projektes 2005 verzichteten wir nach unseren Erfahrungen im letzten Jahr wieder auf eine Partnerorganisation. Dadurch hatten wir zwar eine bessere Kontrolle bei der Auswahl der Kinder, aber auch wieder weniger Unterstützung bei der Arbeit.

Dragan fuhr wie in früheren Jahren wieder täglich zweimal die Kinder ans Meer und zurück. Dies war aber sehr viel bequemer, weil der Verein noch zwei Autositze gekauft hat und so fast jedes Kind seinen eigenen Sitz hatte. Zum neuen Luxus gehörte auch, dass wir unsere Duschvorhänge gegen feste Kabinen austauschen konnten, so dass sich die Überschwemmungen in den Bädern in Grenzen hielten. Unsere finanzielle Ausstattung gab es her, dass wir wieder fast jeden zweiten Tag in einer Gaststätte Mittag essen konnten.

Während in den Jahren zuvor die Kinder mit einem Bus der Partnerorganisation angereist waren, mussten sie 2005 wieder auf den öffentlichen Busverkehr umsteigen.

Jede Gruppe machte, wie in den vergangenen Jahren, eine Tagesfahrt mit dem Schiff zur Insel Brac, fuhr einen Nachmittag mit dem Boot in den Cetina Canyon und besichtigte das dortige Naturschutzgebiet. Außerdem gab es Fahrten nach Split, Makarska und Trogir. Die dortigen Sehenswürdigkeiten wurden besucht, wie z.B. das Muschelmuseum in Makarska oder der Hafen von Split.

In Omis wurde Eis gegessen, der Touristenrummel bestaunt und ein wenig "städtisches Treiben" genossen.

Ansonsten fuhren die Kinder am Vor- und Nachmittag ans Meer. Am Abend wurde gemalt, gebastelt oder sich sportlich betätigt.

Frühsport

Merkwürdigerweise waren alle Kinder am Schachspiel interessiert und führten selbstständig Turniere durch, für die Sieger gab es natürlich auch kleine Preise. Wie sich später herausstellte, ist das Schachspielen in Knien durch einen Lehrer an die Kinder herangetragen worden. Er hat die Jugendlichen so begeistert, dass fast alle Schach spielen.

Ansonsten war ich wieder für die Küche und die kleinen Kinderleiden zuständig. Dazu gehören wie in jedem Sommer: Sonnenbrand, Mückenstiche Bauchschmerzen, Heimweh, vergessene oder verlorene Sachen und die Kabbeleien untereinander. Die Probleme wurden aber diesmal schon etwas handfester angegangen, denn die Kinder waren fast alle in der Pubertät, so dass Dragan öfter die Klärung übernehmen musste. Das ging am besten, wenn man ihnen Aufgaben erteilte - so wurde der Besen geschwungen, Erbsen gepellt, Unkraut gezogen und das Auto geputzt.

Nach wie vor leben die meisten Jugendlichen mit ihren verwitweten Müttern. Einige haben inzwischen zwar wieder geheiratet, aber das bringt natürlich oft neue Probleme mit sich. Der neue Vater ist meist auch arbeitslos, hat vielleicht selbst Kinder, trinkt oder betrügt die Frau. So gab es wieder etliche Geschichten, die die ganze Misere, in der sich die meisten Flüchtlinge aus Bosnien befinden, zeigten.

Am meisten hat mich die Geschichte zweier Brüder betroffen, deren Vater an Krebs erkrankt war. Er plante für sich und die Familie ein Haus zu bauen, doch plötzlich erkrankte er an Magenkrebs. Obwohl alle Pläne eingestellt wurden, kann er die notwendige ärztlicher Versorgung nicht finanzieren. Die Familie war zuerst nach Deutschland geflüchtet, lebte dort ein paar Jahre und kam 1998 nach Zentralbosnien zurück. Sie hatte aber keine Chance wieder am alten Wohnort zu leben. Die neuen Nachbarn drangsalierten sie, die Kinder hatten in der Schule, die vorwiegend von Muslimen besucht wurde, viele Probleme aus religiösen Gründen, auch eine Arbeit war für den Vater aus diesen Gründen ausgeschlossen. Wenn einer die kaum vorhandene Arbeit bekam, war es immer ein Muslim. So entschlossen sie sich 2002 nach Kroatien zu gehen. Eine Neuansiedelung ist hier zwar möglich, weil fast alle kroatischen Bosnier zwei Pässe haben, aber der Status des Flüchtlings war wegen der früheren Rückkehr nach Bosnien, dem ursprünglichen Wohnort, hinfällig, so dass sie keinerlei Unterstützung erhielten.

Das Problem der nach dem Kriege vertriebenen kroatischen Bosnier ist in Westeuropa fast unbekannt und dabei hat die Hälfte aller bei Kriegsende noch in Bosnien lebenden Kroaten (oder besser: Katholiken) das Land wegen der zunehmenden Islamisierung oder der großen Kriminalität und der für sie besonders schlechten sozialen Bedingungen verlassen.

Leider ist es uns 2005 nicht gelungen, Jugendliche verschiedener Ethnien aus Bosnien und Kroatien zusammenzuführen, dies vor allem aus organisatorischen und finanziellen Gründen.

In diesem Jahr, 2006, haben wir Studenten aus Sarajewo in unser Projekt aufgenommen. Alle haben den Krieg als Kind in Bosnien erlebt und studieren jetzt in Sarajewo. Bei unseren Vorgesprächen stellte sich heraus, dass es kein Problem sein wird, serbische (orthodoxe), muslimische und kroatische (katholische) Teilnehmer für unser Ferienprojekt zu finden.

Wir möchten, wie in jedem Jahr, wieder allen Helfer und Unterstützern innerhalb und außerhalb unseres Vereines danken. Dazu gehören neben den deutschen Spendern auch die hiesigen Nachbarn, denen es zur lieben Gewohnheit geworden ist, die Kinder und Jugendlichen mal in ihren Obstgarten einzuladen.

Bärbel Bohley,
Celina, den 30.04.06