Archivbestand

Der politische Nachlass von Bärbel Bohley ist im Archiv der DDR-Opposition der Robert-Havemann-Gesellschaft archiviert und mit einem Findbuch erschlossen:

Findbuch zum Bestand Nachlass Bärbel Bohley, bearbeitet von Tina Krone

ROBERT-HAVEMANN-GESELLSCHAFT, Berlin 2014


Aus dem Vorwort:

Geschichte des Bestandes

»Bärbel, die Rebellin, ging voran, wo andere sich fürchteten, war eine Wegbereiterin und Hoffnungsträgerin. Sie war mitreißend und man folgte ihr, war eine Anstifterin und provozierte gern«

(aus dem Nachruf der Robert-Havemann-Gesellschaft im September 2010)

Die Malerin und Grafikerin Bärbel Bohley war eine engagierte Streiterin gegen das Unrecht. Sie gab dem Widerstand in der DDR ein Gesicht und ihr Name wird „immer für das Beste stehen, das die Deutschen im 20. Jahrhundert zustande brachten“.[1]
In den 1980er Jahren gehörte sie zu den Initiatorinnen der Gruppen „Frauen für den Frieden“ und „Initiative Frieden und Menschenrechte“ und war an der Herstellung der illegalen Samisdat-Zeitung „Grenzfall“ beteiligt. Sie hielt trotz aller Hindernisse und Bedrohungen enge Kontakte in die Bundesrepublik, u. a. zu der Politikerin Petra Kelly und zu dem aus der DDR ausgebürgerten Schriftsteller Jürgen Fuchs.
Zweimal wurde sie verhaftet, zum erstenmal im Dezember 1983, wo sie aufgrund von Protesten im In- und Ausland nach sechs Wochen Untersuchungshaft wieder freigelassen wurde. Nach der Verhaftung im Januar 1988 wurde sie statt einer Verurteilung nach England geschickt. Als sie nach sechs Monaten die Wiederkehr in die DDR erkämpft hatte, begann sie sofort mit den Vorbereitungen zur Gründung einer von Staat und Kirche unabhängigen Vereinigung.
Im September 1989 war sie dann Mitbegründerin der Bürgerbewegung Neues Forum, die in kürzester Zeit zur größten unter den damals neu entstandenen Bewegungen und Parteien heranwuchs. Neben ihrem Engagement im Neuen Forum war Bärbel Bohley ab 1990 u. a. Mitglied der letzten Stadtverordnetenversammlung Ost-Berlins, beteiligte sich an der mehrwöchigen Besetzung des Stasi-Archivs auf dem Gelände der ehemaligen Zentrale des MfS und organisierte den „Runden Tisch von unten“. Sie war auch an der Gründung einer Vielzahl von Vereinen, Stiftungen und Initiativen aktiv beteiligt, darunter die Initiativkreise „Treuhand von unten“ und „Recht für Dietrich Bonhoeffer“ sowie das Bürgerbüro, Verein zur Aufarbeitung von Folgeschäden der SED-Diktatur. Im November 1990 gehörte sie zum Gründungskreis der Robert-Havemann-Gesellschaft und arbeitete viele Jahre im Vorstand und Beirat des Vereins mit.
Einen Teil der Unterlagen von Bärbel Bohley übernahm die Robert-Havemann-Gesellschaft bereits im Jahr 1997. Diese wurden 2005 archiviert und umfassten 184 Bände. 2009 übergab Bärbel Bohley nochmals Materialien an das Archiv der DDR-Opposition. Diese wurden zusammen mit dem nach ihrem Tod im September 2010 übernommenen Schriftgut erschlossen. Insgesamt hat der Nachlass jetzt einen Umfang von 235 Bänden mit Unterlagen aus dem Zeitraum von 1963 bis 2010.


Bärbel Bohley mit Jens Reich bei der Eröffnung des Archivs 1994
Bärbel Bohley mit Jens Reich bei der Eröffnung des Archivs 1994

[1] Regina Mönch: Sie gab dem Widerstand in der DDR ein Gesicht. Zum Tode Bärbel Bohleys, FAZ, 13.9.2010